Wie man etwas zum Leben erweckt – oder der Traum vom gross sein

„Bitte das Licht etwas dimmen. Der Kopf muss zum Kleinen zeigen. Es soll gerade gefüttert werden. Ja, genau so!“

Ich war unheimlich aufgeregt! Es war mein allererster Auftrag für ein Shooting. Nun, das ist natürlich super und ich freute mich schon seit Tagen darauf! Das Ganze hatte nur einen Haken: Ich bin absolute Anfängerin. Ich habe keine Erfahrung, kaum Wissen, nur einfache naive Freude an der Fotografie und eine Spiegelreflexkamera.

Natürlich konnte und wollte ich kein Geld verlangen. Die Chance als solches war mir bereits Lohn genug. Und das Beste: meine Models waren keine Menschen. Sie konnten also nicht motzen: „Neee, geht gar nicht, hier sieht man einen Pickel!“ Oder: „Du kriegst mich sowieso nie gut auf ein Foto, ich bin nicht fotogen!“ Also, ein grosser Pluspunkt für jemanden mit der Unsicherheit eines Anfängers!

Ich tänzelte also insgesamt 3 Stunden lang mit meiner Kamera und Stativ um eine kleine Bühne. Es war eine schöne und lehrreiche Erfahrung!

Nun fragst Du dich vielleicht, um was es sich bei diesem Shooting überhaupt handelte?

Etwas unheimlich Tolles! – Ein Puppentheater mit Tieren, die «Zwergebühni» (http://screenignition.ch/zwergebuehni/). Diese sollte eine neue Homepage bekommen und ich durfte die Fotos dafür machen. Von mir sind die Startbilder, die Impressionen zu den Theaterstücken «Ä bsunderi Nacht» und «De letschti Öpfel» und sonst noch ein paar vereinzelte.

Um eine Ahnung zu haben, um was es überhaupt ging, war ich bereits für die Vorstellung vor Ort. Ich wollte wissen, wie die Tiere sind, wenn sie „leben“.

Es war dunkel im Raum. Die Kinder flüsterten sich gegenseitig ihre Aufregung zu und manche Eltern kicherten leise vor sich hin. Süss, wie die Kleinen sich von einer fiktiven, offensichtlich gespielten Welt, mitreissen lassen.

Die Puppenspielerinnen stellten sich vor. Sie fragten die Kinder, wieso sie beim Spielen schwarze Handschuhe tragen. Einer wusste es und rief ganz aufgeregt: „Damit man Dich nicht sehen kann!“

Der Vorhang öffnete sich. Ein wunderschöner, farbiger Märchenwald kam zum Vorschein. Verschiedene Waldtiere erwachten zum Leben, reckten und streckten sich, sangen und fütterten ihre hungrigen Kinder. Eine heile Welt. Doch das soll nicht lange so bleiben.

Das Mausekind mit dem weissen Fell war traurig. Es sah nicht wie seine graue Mutter aus und lief weg. Es fühlte sich schon gross und erwachsen. Doch wohin mochte es gehören? Wo war sein „wirkliches“ Zuhause? Es machte sich auf die Suche.

Puppentheater Mäuse Geschichte

Es war still, trotz der ca. 100 Menschen im Raum. Die hellen Stimmen der Puppenspielerinnen redeten klar und hauchten den Tieren ihre eigene Lebendigkeit ein. Ein kleines, verzaubertes Schulzimmer, versunken in der Märchenwelt.

Immer wieder wischte ich mir ein paar Tränen aus den Augen. Ganz unauffällig, hoffentlich. Irgendwie fühlte ich mich ziemlich doof. Ich weinte vor Rührung, wegen einem Puppentheater! Und das mit 24! Nun, ich schiebe es darauf, dass die Spielerinnen die Tiere und ihre Geschichte so lebendig hinbekommen, dass man mit etwas Herz kaum anders kann. Oder geht das wirklich nur mir so?

Es war ein Abend voller Gefühl mit Lerneffekt. Für die Kleinen sicherlich durch die Geschichte und ihre Moral. Ich selbst habe beim nachfolgenden Shooting auch eine Menge gelernt und gute erste Erfahrungen gesammelt. Das Ergebnis ist bestimmt weit entfernt von professionell. Aber immerhin kann es sich sehen lassen.

Das Puppenspiel und die Fotografie haben doch etwas gemeinsam: Durch beides wird versucht, etwas zum Leben zu erwecken. Beim Spiel sind es die Puppen, bei der Fotografie die Bilder. Beides erzeugt Lebendigkeit aus etwas Statischem.

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